(aus: August Beck, Machiavelli...)
"Wie bei keinem anderen Autor hat sich bei Machiavelli die Rezeption in Form einer durch Ideologie belasteten Polemik vollzogen, die auch nach dem Einsetzen der wissenschaftlichen Beschäftigung mit seinem Werk bis in die Gegenwart fortdauert."
In einem summarischen Überblick möchte August Beck die verschiedenen Phasen der Rezeptionsgeschichte und ihre jeweils wichtigsten Repräsentanten charakterisieren.
Die Phasen sind nicht klar abgrenzbar. Sie stellen donminierende Tendenzen innerhalb eines Zeitraumes dar.
1. Phase : Gegenreformation (ab ca.1550) bis ca. 1700
> polemisch geführte Diskussion
> im Zeichen des Begriffes der Staatsräson
> teils getarnt als Tacitismus-Antitacitismus-Diskussion
> Streit der Konfessionen: gegenseitige Beschuldigung des Machiavellismuses
2. Phase
> neue politische Leitlinien neben Staatsräson
> Zurückdrängung der Verurteilung Machiavellis politischer Lehre
> positive Wertung Machiavellis als
1. freiheitsliebenden Republikaner
2. Vorkämpfer der nationalen Einigung
3. Phase
> Versuch der objektiven Beurteilung
> jedoch trotzdem ideologische Spaltung in pro und contra
>Aufkommen des 'modernen Machiavellismus'
1531 veröffentlicht der römische Verleger Antnio Blado die Discorsi mit dem Privileg Papst Clemens' VII. (1532 Il Principe): Keine Bedenken der Kirche
1532 Der florentinische Verleger Bernardo Giunta stellt Il Principe in einer Widmung als Warnung vor dem Gift der Tyrannei dar.
Hinweis auf einen Brief (1549), in dem dargelegt wird, weshalb die reichen Florentiner Machiavelli haßten.
Rezipient | Historischer Kontext | Werk | Hauptelemente | Beck | Deutungskontinuität/-bruch | |
1523 | Agostino Nifo | De regnandi peritia ad Carolum V imperatorem = Plagiat von Il Principe | Kritik zeigt sich in Auslassungen und Zusätzem: Regierungskunst des tugendhaften Herrschers als Antidot gegen Machiavellis Gift |
S. 130 f. - moralische Ächtung = Beginn der Polemik des Antimachiavellismus zu Lebzeiten |
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1535-1545 | Reginald Pole | Der englische Kardinal lebt als Feind Heinrichs VIII. im Exil. | Apologia ad Carolum V Caesarem super quator a se scriptis de Unitate Ecclesiae | Il Principe sei das Lieblingsbuch des königlichen Ratgebers Thomas Cromwell. Es sei mit dem Finger Satans geschrieben. | S. 131 - hohe Würdenträger der römischen Kirche übernehmen Führung im Kampf gegen Machiavelli |
"Die Kampagne wurde fortgesetzt..." |
Hieronymus Osorius
port. Bischof |
Versuch der Widerlegung der These, das Christentum sei die Ursache für Verweichlichung und mangelnde Kriegstüchtigkeit | k | ||||
Ambrogio Caterino Politi
Bischof v. Cosenza |
Atheismusvorwurf Forderung nach kirchlicher Verurteilung der Schriften Machiavellis |
k | ||||
1559 | Machiavellis Werk wird auf den Index librorum prohibitorum gesetzt, was sich auf die Verbrreitung seiner Schriften jedoch nicht auswirkt | |||||
1576 | Innocenz Gentillet
spanischer Jesuit |
"Unter dem Eindruck der Bartholomäusnacht..." | Discours sur les moyens de bien gouverner... auch: Antimachiavellus |
Verurteilung Machiavellis amoralischer politischer Lehrsätze: da sich durch sie der absolutistische Anspruch auf unumschränkte Gewalt legitimieren läßt, erscheint Machiavelli als letzte Ursache für Frankreichs Bürgerkriege. Unterscheidung von guter, chrislicher und bösrtiger, machiavellistischer Staatsräson | S. 133 - das bemerkenswerteste Zeugnis des hugenottischen Antimachiavellismus - es trägt wesentlich zur Festigung des Bildes Machiavellis als Erfinder einer amoralischen und atheistischen Politik bei |
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1595 | Pedro Rivadeneyra | Tratado de la religión y virtudes que debe tener el princípe cristiano... | Die Trennung von Politik und Religion sei Häresie, die Herabwürdigung der Religion zum Mittel der Politik teuflisch. Da sich auch unter den Katholiken Machiavellisten befinden, stelle diese Lehre eine besondere Gefahr für die römische Kirche dar. | k |
Machiavellis Vorstellung vom Vorrang des staatlichen Interesses breitet sich trotz aller Kritik aus und zeigt sich in der Diskussion um den Begriff der Staatsräson.
1656 | James Harrington | The Commonwealth of Oceana = Entwurf eines Idealstaates |
Machiavelli wurde fälschlicherweise für einen Fürsten- u. Tyrannenlehrer gehalten. In Wirklichkleit bekannte er sich zur republikanischen Staatsform und wollte diese realisieren. | S.144
- beeinflußte die englische Machiavelli-Rezeption maßgeblich |
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1710 | P.M.Doria | La vita civile (Einleitung) | Der Pöbel glaubt, daß Machiavelli den Fürsten zu einer unrechten und hinterlistigen Staatsraison geraten habe. | |||
Pierre Bayle |